Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie treffen sich bei sommerlichem Wetter mit ein paar guten Bekannten. Alle sind in verschiedenen Vereinen aktiv. Eine Bekannte berichtet von ihren kürzlich gemachten Erfahrungen. Sie erzählt, dass Sie zur Vorsitzenden in einem Kulturverein gewählt wurde. Als stolze neue Vorsitzende möchte sie voller Tatendrang loslegen und ist ganz zuversichtlich. In den ersten Tagen ihres Amtes stellt sie jedoch fest, dass sich ihre Fragen nur schwer beantworten lassen. Mit jeder Antwort kommen weitere neue Fragen hinzu. Bei welcher Behörde oder Verband muss ich eigentlich Bericht erstatten? Wie ist das mit der Internetseite und den sozialen Medien? Wer ist der Ansprechpartner für die Presse? Gibt es Rituale im Verein? Wo sind die Vereinsdokumente abgelegt? Gibt es überhaupt welche? Viele, viele Fragen. Sie hat das Gefühl, den Verein komplett neu aufbauen zu müssen. Der alte Vorsitzende ist nun umgezogen und nicht erreichbar.
Kennen Sie die Situation oder haben schon einmal davon gehört? So oder so ähnlich ist das leider kein Einzelfall. Viele Vereine beschäftigen sich nicht oder nicht bewusst mit dem Thema Wissensmanagement.
Wenn wir uns mal den Begriff Wissenmanagement ansehen, dann ist er zusammengesetzt aus Wissen und Management. Wissen kann ich erzeugen und verteilen. Ich kann es nutzen und speichern. Hier kommt das Management zum Einsatz. Alles ist mit einander verbunden, wie das nachfolgende Bild gut zeigt.
Wissen managen
Was bedeutet es überhaupt, Wissen zu managen? Dafür müssen wir ein paar Unterscheidungen vornehmen. Zum einem gibt es den Wissensverlust, den Wissenstransfer, das implizite und das explizite Wissen.
Implizites Wissen wird auch das stille Wissen genannt. Es sind Erfahrungen, Erkenntnisse oder Kompetenzen, die sich eine Person im Laufe der Zeit angeeignet hat. Jemand weiß also wie etwas funktioniert oder wie er sich verhalten muss. Sein Wissen steckt implizit in seinem Können. Das explizite Wissen ist nun genau das Gegenteil. Es ist das Regel- und Faktenwissen. Es lässt sich dokumentieren, nachlesen und schnell erlernen. Stellen Sie sich das einfach an dem Eisbergmodell vor. Alles was über der Wasseroberfläche ist gehört zum expliziten Wissen. Alles darunter ist implizites Wissen.
Der Wissensverlust entsteht immer dann, wenn Personen den Aufgabenbereich wechseln oder verlassen und das Wissen nicht an die Nachfolger weitergeben.
Was können Sie tun?
Am wichtigsten ist, die Erkenntnis das Vereinswissen managen zu wollen. Verschaffen Sie sich dazu einen Überblick über die Wissensgebiete in Ihrem Verein. Dazu können Sie die im Buch Moderne Vereinsorganisation beschriebene Aufgabenmatrix sehr gut nutzen. Damit haben Sie alle Themenfelder aufgeführt.
Mit dem Überblick können Sie nun einschätzen, um welche Form des Wissens es sich handelt. Denken Sie darüber nach, wie hoch könnte das Risiko für einen Wissensverlust sein und was kann passieren, wenn das Wissen weg ist. Wenn Sie selbst der oder die Vorsitzende sind, dann stellen Sie sich vor, Sie legen in sechs Monaten Ihr Amt nieder. Welches Wissen müssen Sie zurückhalten, um den Verein zu ruinieren? Ich glaube Ihnen fällt sofort jede Menge ein. Jetzt wissen welches Wissen Sie weitergeben müssen, damit das nicht passiert. Sie können nicht früh genug damit anfangen Wissen auf mehrere Schultern zu verteilen. Vertrauen Sie ihren Mitstreitern und trauen Sie ihnen ruhig einiges zu. Vertrauen und das Sammeln von Erfahrungen sind wichtige Punkte um die Motivation zu fördern.
Wie können Sie mit dem Wissenstranfer beginnen?
Nehmen Sie die Punkte aus dem obigen Bild als Orientierung: Wissen erzeugen, verteilen, speichern und nutzen. Stellen Sie sich dazu die passenden Fragen was Sie in Ihrem Verein tun können. Fangen Sie am besten gleich heute an.
- Wenn Sie heute schon wissen, wer Ihr Nachfolger wird, dann bietet sich ein aktiver Wissenstransfer in Gesprächsform an.
- Bauen Sie Wissenslandkarten auf und machen Sie Vereinswissen sichtbar.
- Nutzen Sie (Lern-)Patenschaften oder ein Mentoring.
- Schaffen Sie Spielräume für gemeinsame Lernerfahrungen.
- Aufgaben- und To-Do-Listen enthalten oft wichtiges Wissen.
- Protokolle, Bilder, Videos und weiterführende Literatur sind ebenfalls interessante Wissensspeicher.
Wie Sie es genau angehen können und wie Ihnen eine gute Organisation dabei hilft, lesen Sie in dem Buch Moderne Vereinsorganisation.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Ihr Falk Golinsky